Ich denke, dass viele Leute, die den Titel dieses Artikels lesen, folgendes denken: „Ich brauche gar keine Anleitung wie ich Barfussgehen muss, da ich das schon mein Leben lang laufe.“
Ich meine auch, dass andere, die den Titel dieses Artikels anschauen, folgendes denken: „Endlich bekomme ich eine Antwort auf meine brennende Frage, da ich besorgt bin, dass ich falsch laufe.“
Denen der ersten Gruppe möchte ich folgende Frage stellen: „Laufen Frauen von afrikanischen Stämmen, die einen Wasserbehälter auf ihrem Kopf tragen, gleich wie olympische Athleten in der Disziplin Gehen? Und laufen diese Menschen gleich wie Sie laufen?“
Ich wette darauf, dass ihre Antwort zu beiden Fragen ein Nein ist. Der Grund dafür ist, dass Barfussgehen nicht gleich Barfussgehen ist. Es gibt Geharten die mehr oder weniger effektiv, mehr oder weniger effizient, gesünder oder weniger gesund sind. Und wenn Sie diese Bedingung akzeptieren, dann begeben Sie sich in die zweite Gruppe.
Leider habe ich für die Anhänger der zweiten Gruppe schlechte Neuigkeiten. Es gibt keine Antwort auf die Frage: „Wie gehe ich richtig?“
Dieser Artikel wird weder die Wissenschaft, die hinter der menschlichen Fortbewegung steckt oder etwa die geometrischen und biomechanischen Zusammenhänge des Barfussgehens erklären, noch welchen exakten Winkel jedes Gelenk beim Barfussgehen haben muss. Der Artikel erklärt etwas viel Besseres. Er wird erklären, wie Sie Ihr eigener Lehrer werden und wie sie ihre eigene Anleitung finden, um effektiver, effizienter, leichter und gesünder zu gehen.
Grundlagen vom Barfussgehen
Bevor wir mit der Anleitung beginnen, lassen Sie uns die Bedingungen repetieren, die hinter dem Barfussgehen und Barfusslaufen stecken. Besonders wenn sich das Sprunggelenk oder der Knöchel vor dem Knie befinden und in dem Moment das Knie gestreckt ist, wenn Sie das Bein auf der Ferse aufsetzten, geht eine Erschütterung durch alle Gelenke – durch das Sprunggelenk, das Knie, die Hüfte bis hoch in die Wirbelsäule. Ich denke, dass Sie mit mir einer Meinung sind, dass das nicht gut sein kann. Das Barfussgehen reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass Sie auf Ihrer Ferse landen und zwar aus einem ganz einfachen Grund: weil Ihnen das weh tut. Eine Landung auf dem Vorder- oder Mittelfuss (mit gebogenen Knie und dem Sprunggelenk nicht vor dem Knie) reduziert die Kraft, die durch die Gelenke geht. Zugleich erlaubt sie Ihnen die Muskeln, Bänder und Sehnen als natürliche Federung und Stossdämpfer zu nutzen.
Nun, was hat das alles mit Barfussgehen zu tun? Die ganze Diskussion über das Aufsetzten der Füsse wurde schon diskutiert bevor der Barfusslaufen-Boom aufgekommen ist. Mittlerweile ist es schon fast so, dass die Barfussläufer abschätzig auf die schuhtragenden Fersenläufer schauen. Ich werde immer wieder von verschiedenen Leuten gefragt: „Wie soll ich mein Fuss aufsetzten, wenn ich barfussgehe?“ Das hört sich nach einer vernünftigen Frage an. Wenn es einen optimalen Weg gibt, wie Ihr Fuss beim Laufen landen soll, dann muss es doch auch einen optimalen Weg geben, wie der Fuss beim Barfussgehen aufsetzen soll.
Der einzige Weg den Fussaufsatz auf dem Boden zu verbessern ist, die Position Ihres Sprunggelenks, Ihrer Hüfte und die Ihres Knies zu verändern. Um beim Laufen nicht auf der Ferse zu landen, müssen Sie wahrscheinlich Ihre Knie mehr beugen als Sie es normalerweise tun. Das könnte aber zum Ergebnis führen, dass Sie nach vorne fallen. Daher müssen Sie auch Ihre Hüfte mehr beugen und zugleich das Sprunggelenk entspannen, anstatt Ihre Zehen in Richtung Knie zu ziehen. Auf dem Vorfuss zu landen ist in Wirklichkeit nur eine Folge davon, dass Sie Ihre Hüfte und Ihr Knie mehr beugen und das Sprunggelenk entspannen. Aber wenn ich Ihnen erklären würde, dass Sie Ihre Hüfte und Ihr Knie mehr beugen und Ihr Sprunggelenk entspannen sollen, dann wären Sie wahrscheinlich so verwirrt, dass Sie Angst hätten, auch nur einen einzigen Schritt zu machen.
Das Gleiche gilt für das Barfussgehen. Es ist nicht entscheidend, wo Ihr Fuss landet, sondern wie Sie Ihren Fuss durch den Raum bewegen. Wenn Sie gehen kann Ihr Fuss den Boden auf drei verschiedene Arten berühren. Erstens mit dem Vorfuss zuerst, gefolgt vom Aufsetzten der Ferse. Zweitens auf dem flachen Fuss, indem höchstwahrscheinlich der Mittelfuss den Boden als erstes berührt. Drittens über die Ferse abrollen. In Wirklichkeit besteht aber kein Bedarf über den Fussaufsatz nachzudenken. Das erledigt sich alles von selbst, wenn Sie Acht geben, was ich Ihnen gleich mitteilen werde.
Anleitung zum Barfussgehen
Zuerst sollten Sie barfuss sein oder Schuhe mit einer sehr dünnen Sohle tragen, die ihnen das Gefühl vermitteln barfuss zu sein. Warum? Es ist sehr wichtig, dass die Nerven in Ihrem Fuss den Boden fühlen. Viele Podologen oder Orthopäden raten Ihren Patienten mit Plantarfasziitis oder Kreuzschmerzen barfuss zu gehen. Barfuss zu sein kann bei Plantarfasziitis helfen indem die Plantarfaszie auf unebenen Flächen mehr beansprucht wird. Dadurch wird die Plantarfaszie gestärkt. Leider verraten die Podologen und Orthopäden ihren Patienten nicht, was sie tun müssen, um richtig barfuss zu gehen.
Stellen Sie sich vor, dass Sie auf einem Bein stehen. Wenn ich Ihnen jetzt sagen würde, dass Sie aus dieser Position anfangen sollen zu gehen, dann würden Sie wahrscheinlich Ihr anderes Bein nach vorn schwingen und sich im richtigen Moment mit den Zehen vom Standbein abstossen, um dann die Ferse des vorderen Beines weit vor dem Körper aufzusetzen. Genau genommen würden Sie dann Ihrem Fuss hinterherlaufen.
Jetzt gehen wir von der gleichen Ausgangslage aus. Stellen Sie sich wieder vor, dass Sie auf einem Bein stehen. Wenn ich Ihnen nun sagen würde, dass Sie bitte den Muskel anspannen sollen, der Sie nach vorne bewegt, welchen würden Sie anspannen? Denken Sie daran, dass ich sagte nach vorne bewegen. Nach vorne fallen zählt nicht, denn demnach liegt die Antwort nicht im Sprunggelenk (nach vorne beugen) oder den Bauchmuskeln (als ob Sie sich nach vorne beugen bis Sie fallen). Die Antwort ist; die Muskeln in Ihrem Körper, die als primäre Vorwärtsbeweger gelten. Das sind die Glutei- also die Gesässmuskeln und die Beinbeuger. Spannen Sie ganz einfach Ihre Gesässmuskeln und Beinbeuger an und Sie werden sich nach vorne bewegen. Nachdem Sie Ihre Gesässmuskeln und Beinbeuger angespannt haben, werden Sie das Gleichgewicht verlieren und irgendwann nach vorne auf das Gesicht fallen, ausser Sie setzten Ihren anderen Fuss so auf, um Sie vor dem Fallen zu bewahren.
Jetzt wird es richtig spannend. Wenn Sie Ihren Fuss ganz einfach dort aufsetzten wo er Sie vor dem Fallen bewahrt (anstatt ihn nach vorne zu schwingen wie Sie es normalerweise tun), wird er näher bei Ihrem Körperschwerpunkt aufsetzten, eher flach mit einer leichten Beugung in der Hüfte und im Knie und in einer für unseren Bewegungsapparat gesünderen biomechanischen Position. Sie haben soeben den Fuss richtig aufgesetzt, ohne dass Sie sich auf das richtige Aufsetzten des Fusses konzentriert haben. Wenn Sie das Gehen, unter Benutzung Ihrer Gesässmuskeln und Beinbeuger, in einer Sequenz wiederholen, dann machen Sie etwas Gutes für Ihr Kreuz, Ihre Knie und ihre Sprunggelenke. Achten Sie auch darauf, dass Sie Ihre Sprunggelenke entspannt sind und nicht verkrampfen. Auf diese Weise wird sich das richtige Aufsetzten des Fusses von selbst ergeben und die ganze Diskussion erübrigt sich hiermit. Sie werden sich fühlen als ob Sie „über dem Fuss“ laufen und nicht hinter dem Fuss.
Diese natürliche und von der Evolution über fast 2 Millionen Jahre bewährte Art zu gehen macht Sie stärker. Ganz egal ob sie spazieren gehen oder einen 25 Kilogramm schweren Rucksack bei einem Trekking mit sich tragen. Wenn Sie Ihre Gesässmuskeln und Beinbeuger aktivieren wird es Ihnen auch einfacher fallen eine Last zu tragen, da diese Muskeln Ihren Rücken entlasten, weil das Becken dann stabil bleibt und nicht nach vorne kippt.
Wenn Sie daran denken Ihre Gesässmuskeln und Beinbeuger zu brauchen und dadurch über Ihrem Fuss bleiben, dann können Sie auf natürliche und effektive Weise und in jeder erdenklichen Situation gehen. Sie werden aus Ihrem Inneren, aus Ihrer eigenen Erfahrung anfangen zu verstehen, wie viele Zentimeter Ihr Sprunggelenk hinter Ihrem Knie sein soll. Ganz unabhängig davon, ob Sie einen Berg hinauflaufen oder am Strand spazieren. Es kann allerdings gut möglich sein, dass Sie sich am Anfang etwas unwohl fühlen. Womöglich haben Sie sogar das Gefühl, dass Sie sich wie ein Ungetüm bewegen.
Sie werden sich sehr schnell daran gewöhnen und sich über Ihr neues Laufgefühl freuen. Es kann auch sein, dass Sie nach Ihren ersten Gehversuchen Muskelkater in der Gesässmuskulatur und den Beinbeugern spüren. Das kommt daher, dass Sie vergessen haben wie Sie Ihre Gesässmuskulatur und Beinbeuger richtig einsetzten. Diese sind über die Jahre, durch eine falsche Gehtechnik und das viele Sitzen, verkümmert. Das ist auch ein Grund, wieso viele Menschen Probleme mit dem Kreuz haben, da ein grosses Ungleichgewicht zwischen den Beinbeugern und den Beinstreckern besteht.
Ich wünsche Ihnen viel Spass mit Ihrem wiedererlangten natürlichen Gehstil. Vielleicht haben Sie sogar einmal die Gelegenheit und schauen einem Kleinkind zu, dass gerade laufen gelernt hat.